Merten

Merten, früher Sankt Merten oder St. Martinus, nach den Patron der Pfarrkirche benannt, liegt am Abhange des Vorgebirges, der circa 4 km entfernten Station Sechtem gegenüber. Die Pfarre zählt 1230 katholische Einwohner, deren 799 aus Merten, 421 aus Trippelsdorf kommen, und 7 Juden. Ackerbau, Gärtnerei und Obstbaumzucht bilden die fast einzige Erwerbsquelle. Ein Bach, aus dem zur Rösberger Berg gehörenden Bonnholz entspringend, verstärkt durch einen anderen von der Mertener Haide über Trippelsdorf, treibt bei hinreichender Stärke die Mertener Mühle. Zeitweilig wird die fehlende Wasserkraft durch Dampf ersetzt. Eine mehrere 100 Schritte höher befindliche Delmühle des Herrn von Weiß ist seit einigen Jahren außer Betrieb gesetzt.

 

Merten war, wie alle Ortschaften des Vorgebirges, eine römische Niederlassung. Verschiedene Baureste, Apparate von Bädern, Wasserleitungen in Mauerwerk und Röhrenform, Münzen und dergleichen setzen diese Behauptung außer Zweifel. Der große Eifelkanal streift die unteren Grenzlinien der Richtung von Kardorf nach Trippelsdorf.

Die bedeutendsten Grundgüter waren die der von Sahn, des Canonicus Johann Rödesberg (Rösberg), Stifters der Vicarie, und der Burgherrn von Rösberg. Gräfin Mechthildis von Sahn gibt dem Friedrich Herrn zu Blankenheim statt der versprochenen Hälfte von Hunolstein Güter bei Gaffenberg und Ahrweiler, "und wenn daselbst an den Einkünften etwas fehlt, so soll er das Fehlende erhalten aus ihrem Allobium zu St. Martinus bei Hemberg (Hemmerich) und was übrig ist, ihr verbleiben"

 

Erzbischof Siegfried von Köln, Domscholasticus W(ilhelm?) und Ritter Gerhard genannt Scherfgin schiedsrichten, daß Gräßin Mechthildis von Sahn Herrn Johann von Reifferscheid mit dem Schloß Bedburg und acht ?uder Wein kölnisches Maß aus ihren Gütern zu Merten bei Rösberg belehnen soll, welche früher Friedrich von Reifferscheid, Bruder Johann's inne gehabt.

Den Herren von Rösberg, zuletzt Freiherrn von Weichs, gehörte der bedeutendste Hof in der Fußgasse, jetzt Eigentum des Herrn Bürgers in Köln. Dieselben hatten auch Weinberge in den obern Geländen zwischen der neuen Kirche und der alten Schule und in der Nähe eine Kelter. Leibeigene waren ehemals zu den Winzerarbeiten verpflichtet. Von alten Klostergütern werden die der Gasthäuser und von Sankt Upern zu Köln genannt. Andere bedeutende Güter befanden sich in Trippelsdorf, worüber unten noch Näheres berichtet wird.

 

Die Pfarrer Merten ist nach allen Indizien in der fränkischen Zeit gegründet. Zunächst spricht dafür der heilige Martinus als Patron der Kirche. Binterim schreibt: " wenn man bedenkt, dass unter Chlodwig allenthalben neue Kirchen gebaut wurden, dass dieser König und seine Zeitgenossen eine grenzenlose Achtung vor dem heiligen Martinus hatten, so erklärt sich wie dieser Heilige so vielen Kirchen am Rhein den Namen gegeben hat. Nach keinem anderen Heiligen sind in der Kölner Diöcese so viele benannt. Viele derselben waren ehemals Hofkapellen."

Das Verzeichnis des Gassiusstifts vin 1173 führt Merten bei "Rodesberch" unter den Pfarrstellen auf, der liber valoris aus dem 14. Jahrhundert die Kirch des h. Martinus mit einem Einnahme von drei Mark und an derselben einen Bicarius mit acht Mark. Da ein Pastor nicht erwähnt wird, so ist wohl ein vicarius perpetuus mit allen pfarramtlichen Rechten und Vollmachten gemeint, welcher mit der vollständigen Seelsorge betraut war. Von einer Unterordnung unter eine ältere Pfarrkirche findet sich bei Merten keine Andeutung. Endlich spricht für das hohe Alter der Pfarrer das freier Kollationsrecht des Kölner Erzbischofs, in dem solches in der Regel sich vorfand, ehe ein anderweites Recht der Besetzung der Pfarrstelle, wie es bei späteren Patronaten vorkam, Platz greifen konnte. Das Kollationsrecht des Erzbischofs bestand noch zurzeit der französischen Säcularisation.


Pfarrkirch zum hl. Martinus

a. Die alte Kirche

Die alte Kirche bestand aus einem Schiff mit Chor und Sakristei. Über dem Haupteingang an der Westseite erhob sich ein maßig hoher Thurm in Holz, bis zum Helm mit Schindeln gedeckt. Das niedliche Chor in tadellosem romantischen Stile bildete einen scharfen Kontrast gegen das Schiff, welches durch die Unregelmäßigkeit seiner Formen anzeigte, daß es ursprünglich nicht zur Kirche bestimmt war. Vermuthlich war es der Rest einer alten Ritterburg, welche, an Umfang viel bedeutender als die Kirche, theils abgebrochen, theils zu einem Gotteshause erhalten und umgeschaffen wurde. So erklärt sich nicht nur das vielgestaltige ungleiche Mauerwerk, sondern auch die um die Kirche im Boden vorhandenen Überreste längst verschwundener Bauwerke, darunter sehr viele aus dem Römercanal. Die Bemerkung Vinterim's, daß viele alte Kirchen ehemals Hofkapellen gewesen, scheint im vorliegenden Falle auf's neue sich zu bestätigen. Zuerst bestand die Ritterburg, dann Burg und Kapelle, demnach wurde die Burg geräumt und die Kirche auf ihre Kosten erweitert: So schritt die Kapelle zur Pfarrkirche fort. Beim Abbruch der Kirche fanden sich im Sepulchrum des Hauptaltars in einem bleiernen Schächtelchen Reliquien mit der Aufschrift S. Martini und darüber das Siegel des Erzbischofs Philipp von Heinsberg (1167-1191) in Wachs. Dieser Kirchenfürst hat demnach die Consecration des Altars, vielleicht auch die der Kirche vollzogen. Die alte Kirche genügte wegen ihres viel zu engen Raumes schon lange der Seelenzahl der Pfarre nicht mehr. Sie wurde, nachdem im Jahre 1867 eine neue große Kirche erbaut war, vollständig verwahrlost und theilweise abgebrochen.

Professor Dr. Floß in Bonn berichtet in den Annalen des historischen Vereins über einen Fund, welcher bei dieser gelegenheit gemacht wurde, wie folgt: Beim Abbruche der alten Pfarrkirche zu Merten wurde in einem Grabe in der Kirche eine Leiche mit theilweise noch erhaltenen Kleidungsstücken von grüner Farbe angetroffen, zur Linken der Leiche ein silbernes Hörnchen, etwa 1/3 Fuß groß, zur Rechten ein kleiner Behälter von grün glasiertem Steingut, längliches Rechteck mit Schiebdeckel, auf letzterm "IHS". In dem Behälter befand sich nebst einigen Reliquien folgendes Document, das Generelle gedruckt auf Pergament, die Daten und Namen geschrieben. Auf der einen Seite des Pergamentstreifens zur Linken ist das Wappen des Weihbischofs Stravius mit der Aufschrift:

Juste et pie

darunter

GEORGIVS PAVLVS STRAVIVS
EPVS JOPPEN. SVFFRAGANEVS
COLONIEN.

Das Document trägt das Siegel das Weihbischofs und ist in seinem Auftrage von seinem Geheimsecretair (sacrarum ordinationum scriba) Peter Hergarden unterzeichnet. Demnach weihte Stravius am 5. December 1650 in der Pfarrkirche zu Merten einen Altar zu Ehren der h. Jungfrau Maria und des h. Joseph und legte Reliquien von der Gesellschaft der h. Ursula hinein. Die an dem Consecrationstage anwesenden Gläubigen erhielten ein Jahr, die am Jahrestage der Consecration die Kirche Besuchenden vierzig Tage Ablaß.

Zu bemerken ist das Datum des 5. December. Es ist der Festtag der heiligen Barbara, welcher in der Kirche ein besonderer Altar geweiht war. Der Altar der h. Barbara war mit einer bedeutenden Stiftung verbunden und hatte seinen eigenen Deservitor. Es ist dieses der Urspruchg der Vicarie, worüber an geeigneter Stelle das Nähere zu berichten sein wird. Floß sagt zum Schluß seines Referats: "Wie das Reliquiar in das Grab gekommen und was das Hörnchen bedeutet, ist nicht bekannt." Offenbar steht das Reliquiar mit dem Grabe oder der in dem Grabe Ruhenden nicht in engerer Beziehung, und ist es sehr zufällig, dass das eine in dem andern seine Stelle erhielt. Das Hörnchen und die grüne Kleidung scheinen von einem Manne aus dem Ritterstande zu stammen. Er war in vollständigem ritterlichen Jagdanzug in Stiefeln und Sporen begraben.

Ein Fenster rechts vom EIngange der Kirche war durch zwei kreisförmige alte Glasmalereien ausgezeuchnet. Die eine stellte den h. Martinus als Krieger dar, wie er einem Armen einen Theil seines Mantels übergibt, darüber in kleinem Format des Bild eines Engels, vielleicht des h. Erzengels Michael. Der Präsident des Bonner Alterthums-Vereins, Herr aus'm Werth, erwarb beide Bilder für 150 Mark.

Entsprechend dem schönen romantischen Chor der Kirche steht in der Kirchhofsmauer ein der Dorfstraße ein in gleichem Stil erbauter Thorbogen in klassischer Form. Den Bericht über die alte alte Pfarrkirche kann ich nicht schließen, ohne den Wunsch auszusprechen, daß diese beiden ehrwürdigen Überreste mittelalterlicher Kunst dem spätern Andenken mögen in würdiger Weise erhalten bleiben. Nichts wäre einfacher, lohnender und schöner, als das zierliche Chor durch eine Mauer abzuschließen und zu einer Kapelle einzurichten.


b. Die neue Kirche.

Die alte Kirche war kaum groß genug, um der Hälfte der Besucher anständigen Platz zu bieten. Dessen ungeachtet würde in Anbetracht der zu bringenden Geldopfer die Gemeinde noch lange nicht zum Bau einer neuen Kirche geschritten sein, wenn nicht von anderer Seite Hilfe gekommen wäre. Sie kam, als im Jahre 1834 Pastor Abels die Pfarrstelle antrat. Um einen Baufonds ohne Belastung der Pfarreinwohner anzusammeln, versah derselbe Vicar- und Pfarrdienste und brachte so in dreißig Jahren die ansehnliche Summe von 12,000 Thalern für den neubau zusammen. Ein guter Vorgänger zieht viele Andere zur Nachfolge an. So fand die Gemeinde es nach dem Vorgange ihres Pfarrers nicht schwer, den noch fehlenden Betrag von etwa 5000 Thalern aufzubringen.

Als gegen das Jahr 1864 der Kirchenbau beschlossen und die Ausführung in nahe Aussicht gestellt war, entstanden Verhandlungen über die Wahl des Bauplanes. Der Kirchenvorstand beabsichtigte, nach einem Plane des Baumeisters Vincenz Statz zu bauen. Dieser wurde von der Regierung, welche einen Plan des Kreisbaumeisters wünschte, beanstandet und dabei auf den Zuschuß hingewiesen, den die Gemeinde zu dem Kirchenbau zu leisten habe. Gegen den Statz'schen Plan machte sie geltend, daß die Kirche demgemäß nicht die erforderliche Länge erhalten würde. Als hierauf die Gemeinde mit Einverständniß der Kirchenbehörde eine verlängerung in der Weite zugab, daß statt vier projectirter Fenster ein fünftes zugesetzt werde, erfolgte ohne fernere Schwierigkeit die erbetene Genehmigung der königlichen Regierung. Nun wurden die Bauarbeiten in Angriff genommen und rasch und wacker vollendet. Im Jahre 1865 wurden die Ziegel gebrannt. Das Baucomité stellte den Preis für tausend hartgebrannte Steine mit einem Unternehmer contactmäßig fest, und zwar sehr billig, so daß bedeutende Ersparnisse für die Kirche gemacht wurden.

Fuhrlohn war nicht zu zahlen, weil die Ziegelei fast unmittelbar neben der Baustelle gelegen war.  Im Herbst des Jahres 1865 wurde der Bau begonnen, Sonntag den 10. Mai 1866 von Pastor Abels unter Assistenz der benachbarten Geistlichen, in Gegenwart einer zahlreichen Volksmenge, der Grundstein gelegt und die Feier betreffende Urkunde in denselben eingesetzt.

Am 27. Oktober 1867 wurde die Kirche nebst drei Altären durch den hochwürdigsten Herrn Weihbischof Dr. Baudri feierlichst konsekriert und 230 Firmlingen das h. Sakrament der Firmung erteilt.

Schließlich eine kurze Beschreibung der Kirche. Die Verhältnisse sind folgende: Länge des Schiffes 80 Fuß, des Chores 24 Fuß, Gesamtbreite 45 Fuß, Höhe des Mittelschiffs circa 30 Fuß. Sehr schön ist der Turm der Kirche. Er geht in natürlicher, gefälliger Gliederung beim zweiten Absatz aus dem Viereck des Unterbaues in das Achteck über. Das Mauerwerk in reicher und zierlicher Ornamentik findet in dem schlanken Helm seinen harmonischen Abschluss. Das Ganze gewährt einen erhabenen Eindruck. Schön wäre der ganze Bau, wenn er nach meiner Ansicht nicht an einem Hauptgebrechen litte, -- wenn die Schiffe nicht zu niedrig wären. Die von Meister Fischer zu Quadrat im Jahre 1881 in gelungener Weise ausgeführte innere Dekoration der Kirche hat das bedrückende Gefühl bedeutend gemildert. Die Altäre sind aus grauem Sandstein nach der Zeichnung des Baurates Vincenz Statz in der Form einfacher Gepulchra gefertigt, der Hochaltar mit dem Relief der Agnus Dei geschmückt. Er ist dem h. Martinus, dem Patron der Kirche, geweiht, der Nebenaltar auf der Evangelienseite der h. Jungfrau Maria, der andere auf der Epistelseite dem h. Rochus. Die im Altarstein verschlossenen Reliquien sind Partiseln der Gebeine des h. Apostels Mathias, der h. Gregorius Spoletanus und heiliger Jungfrauen aus der Gesellschaft der h. Ursula. Die Kommunionbank, in Holz geschnitten, ist das Werk des Bildhauers M. Sieberts in Bonn; Kanzel und Beichtstühle besorgte Meister Johann Haag in Kuchenheim.

Im Jahre 1868 wurden drei neue Glocken von Meister Claren in Sieglar in den Tönen F , G , A , gegossen. Die größte Glocke hat die Aufschrift einer viel älteren, umgegossenen aus dem Jahre  1430 erhalten. Sie lautet:

SENTEN MARTIN HIESSEN ICH
ANNO 1430.

Bild des h. Martinus. - Die Höhe der Glocke ist 83, der Durchmesser 106 ctm.

Inschrift der zweiten Glocke :

IN HONOREM    B. M.  V.  SINE LABE CONCEPTA.

Bild der unbefleckt empfangenen Jungfrau Maria. - Die Höhe beträgt 78. der Durchmesser 99 ctm.

Inschrift der dritten Glocke:

IN HONOREM BEATAE BABARAE ET SANCTI ROCHI.

Im Jahre 1884 wurde eine neue Orgel von Meister Münchhoven, einem geborenem Mertener, geliefert, größtenteils ausgeführt von dessen Gehilfen Korn. Die Kosten im Betrage von 5100 Mark sind aus Ersparnissen der vakanten Pfarrstelle entnommen.


Stiftungen

Die Zahl der gestifteten Sangmessen, bestehend in Fahrgedächnissen und 12 Segensmessen, ist 97, die der Lesemessen 30. In der Stiftungstabelle sind diese Messen verteilt auf 73 Nummern. Von den Erträgen der Kapitalien erhält der Pfarrer Mark 238,66 , der Küster 55,49 , die Kirche 81,45 , die Armen 73,39. Das Stiftungskapital beträgt 5472 Mark, das Areal der Kirche 51,58 Are in der Gemarkung von Merten, Sechtem und Kardorf, mit einer Pacht (1881) von 80 Mark. Schließlich besitzt die Kirche eine Rente von 1/16 Malter Korn.

 

Bruderschaften

Die Bruderschaft zu Ehren Jesus, Maria und Joseph lässt sich seit dem Anfange des achtzehnten Jahrhunderts als bestehend nachweisen. Die halbjährigen Versammlungen finden Statt zu Mariä Lichtmess  und Mariä Geburt. Als Stipendium einer Bruderschaftsmesse wurden aus den Opfergaben im Jahre 1776 dem Pfarrer 18 Stüber bestimmt, dem Küster 5 Stüber, der Rest der Kirche. Die Michaels-Bruderschaft, zum Schutze der bedrängten Kirche, wurde unter Papst Pius IX. durch den Kardinal und Erzbischof Johannes von Geissel für alle Pfarreien der Erzdiozöse eingeführt.

 

Prozessionen

Außer der Fronleichnamsprozession und den allgemein üblichen Bittgängen werden gehalten:

  1. Am Sonntage nach dem Feste des h. Bischofs Ulrich (4. Juli) die Hagelfeier- Prozession, um Abwendung schädlicher Einflüsse von den Feldfrüchten.
  2. Am Feste des h. Rochus, den 18. August, eine Prozession, welche genau die Grenze der Pfarre im Umgange beschreibt. An vier Stellen wird Station gehalten du dabei, ähnlich wie bei Fronleichnam, jedes Mal ein Evangelium gesungen, worauf Orationen zu Ehren der Mutter Gottes, des h. Martinus, des h. Rochus und der h. Barbara folgen. Ihre Entstehung ist wahrscheinlich auf eine Zeit zurückzuführen, wo die Pest in hiesiger Gegend herrschte.
  3. Wallfahrt zum Grabe des h. Apostels Mathias nach Trier. Sie stammt aus unbestimmter alter Zeit und ist durch eine Stiftung aus dem Jahre 1773 bedacht: Hierüber heißt es in einem alten Kirchenbuche: „ An dem Tage, wo die Pilger auf Trier gehen, ist eine Lesemesse mit Aussetzung des hochwürdigsten gutes; zum Behuf dieser Messe sind von einem Unbenannten 15 Dahler legiert"

 

Kirchhof

Der Kirchhof umgibt die alte, jetzt im Verfall begriffene Pfarrkirche und wird teils vom Pfarrhof und Pfarrgarten, teils von der Dorfstraße, deren Niveau er an der öffentlichen Fronte um 6 - 8 Fuß überragt, begrenzt. Auf etwa 8 steinernen Stufen steigt man hier durch einen mächtigen romanischen Bogen zu der Stätte hinauf, wo das Kind des letzten Tages neben den Vätern vergangener Jahrhunderte friedlich schlummert, um mit ihnen die Morgenröte der gemeinsamen Auferstehung zu erwarten. Vom Eingange steigt man bis zum westlichen Ende, wo ein imposantes Kreuz in Stein zu, Gebete für die Seelenruhe der Entschlafenden mahnt. Von der alten Kirche ist nur noch die im tadellosem romanischem Baustile errichtete Apsis vorhanden, zu deren Füßen altrömische Mauerreste die Vergänglichkeit alles Irdischen verkünden, wo Ritter und Diener zusammen gebettet sind.


Eine Benediktinerkapelle

Abt Heinrich III. von Groß-Martin in Köln (1695 - 1726) ließ mit Genehmigung des erzbischöflichen Generalvikariats vom 28. Juni 1710 in dem oberhalb Merten gelegenen Wulferbusch eine Kapelle bauen.

Einige Mönche dieser Abtei richteten sich daselbst wohnlich ein und hielten Gottesdienst in der Kapelle, wodurch die Einwohner von Merten und den benachbarten Ortschaften ihren Pfarrkirchen entfremdet wurden.  Der altersschwache Pfarrer Johann Hagen von Merten zog sich von den Pfarrgeschäften zurück und die Benediktiner Fiedler und Bald traten für ihn ein. Als aber im Jahre 1726 in der Person des Gerhard Sommer ein neuer Pfarrer die Stelle antrat, erhob sowohl dieser als auch die Pfarrgemeinde in getrennter Eingabe bei der erzbischöflichen Behörde gegen die Niederlassung der Mönche Einspruch. Der in mehrfacher Beziehung bemerkenswerte Protest der Pfarreingesessenen lautete:

„ Wir endsbenenten geben ein Zeugnis der Wahrheit, dass unsere Pfarr Merten und Trebelsdorf, welche in kurzem Bezirk liegt, nebst unserm hr. pastoren versehen seyn mit einem sacellan und wir alle sonn- und feyrtag predig und christlicher lehr zwei messen haben, eine frühe morgens, die hohe meß aber um neun uhr. Auch muß unser sacelalanus wochentlch an sanct sebastiani altar seine messen lesen, dass wir so wohl werk als feyrtag mit priestern, ämbtern der h. messen und gottedienst wohl und genugsam versehen seint, in auch unser pfarrkrichen von vielen jahren her die bruderschaft Jesu Maria und Joseph zur befürderung der christlichen lehr und alle feyrtags in der fasten die creutzandacht mit aussetzung des hochwürdigen guts gehalten wird. Dass also nichts begehet, was zur befürderung unserer seelen heil könnte erfordert werden. Wir haben auch eine capel

Zu Trebelsdorff, so zu dieser pfarr gehöret, worin der herr pastor wöchentlich zweimahl mess liest unf auf die aposteltag die christliche lehr haltet. Nicht weniger seint die nechst umliegenden pfarren als Roesberg, Hemmerich, Waldorff und Walberberg mit ihren sacellanen versehen, dass gott sey lob gar kein mangel an priestern und seelsorgeren verspühret werde. Auch keine eine andere als unsere pfarrkirch zu Merten und St. Vincentio capel zu Trebelsdorff in der pfarr verlanget und begehret.

Weiteres geben wir Zeugnis, dass die jüngst aufgerichtete capel am wülferbusch nit einen vierten theil von einem viertel stund, sondern also zu reden, gleichfals auff unserer pfarrkirchen liege, zweitens dass der der Ort, wo die capel stehet, vor wenig jahren ein verwürfflicher platz und herrn Weierstrafs zu Cöllen zugehörig gewesen, von pater Valck aber, als er nahmens  unseres verstorbenen hr. pastors (Joannis) Hagen diese Pfarr bedienet, die hecken ausgerottet und ein kleines capelchen gleich einem heiligenhäuschen von leimen wänden ums Jahr 1717 darauff gesetzt, und mit verachtung unserer Pfarrkirchen und murren der nachbahren einige andacht des freytags in der fasten von ihm zu halten angefagen worden, wozu er in ermangelung des geläuts mit den pfarrglocken leuten lassen, bis unser jetziger hr. pastor, welcher 1726 hingekommen, solches zu der pfarrkirchen nachtheil nit mehr gestatten  wollen. Gemeltes capelchen hat Pater Valck , jetz abbt zu goß s. Merten binnen Cöllen, 1733 von der platzen führen lassen und in seinen wänden und tach verbleibend neben seinem new auffgerichteten baw in einen kühstall, in welchem jetz zwei küh stehen, verkehret, wie würklich noch hzu sehen ist. Demnächst hat er selbiges  jahr angefangen, ein sehr große capel, welche unserer pfarrkirchen in deer größe schier gleich ist aus steinen aufbawen, er ist  aber durch ein verbott, wie wir gehört haben, von hoher geistlicher obrigkeit noch vor sanct Michaels tag gestöhret worden, und wir haben gesehen, dass er mit dem bawen eingehalten.

Nachmahlen hat er wiederum fortgefahren, die mauren auffzusetzen, das holzwerk darauf zu schlagen und 1734 den 29. Julii den Thurm darauff gesetzt und d. 3. Novembris auff st. Huberts tag, nachdem er einige ceremonien in und außer der capel verrichtet, mess und predig selber darin gehalten; und er hat durch einen seiner pater in der fasten dieses jahr angefangen von zweyten freytag an die fasten hindurch teutsche lieder zu singen und zu predigen auff selbigen täg, wan die fastenandacht in hiesiger pfarrkirchen gehalten wird. Jetz 1735, den 16. May hat er wiederum angefangen, die fundamente für einen newen flügel eines newen convents zu graben, wie er würklich noch fortfahret. Als bezeugen wir alles, wie jetzt gemeldet, wahr zu seyn. Merten 1735 d. 19. May.

Joes marx als Zeug und bin bereit, dieses aidtlich zu bedauren.

Hilger Klein als Zeug und bin bereit, dieses aidtlich zu bedauren (betheuern). Pro concordanttia cum originali Barthol. Bertert, nots. Apost. Et Caesareus publicus approbatus, subcrpsi mpr  (Die beglaubigte Abschrift im Archiv der Pfarrkirche).

Gleichzeitig remonstierte Pastor Sommer, indem er besonders hervorhob, wie die benachbarten Pfarrer von Walberberg, Sechtem, Rösberg, Waldorf und Hemmerich sich beklagten, dass ihre Parochianen, wie auch die von Merten, durch das Glockengeläute der Kapelle  dem allgemeinen Pfarrgottesdienst, "als Predigt, Christenlehre oder anderer geistlicher Nahrung" entfremdet würden.

Im Jahre 1741 starb der Benectinerabt Adrian Valck. Zwei Jahre später kaufte Pastor Sommer die Besitzungen desselben in Merten und Trippelsdorf, woraus hervorgeht, dass die Benectiner Kapelle und Konvent am Wulferberge aufgegeben hatten.


Pfarrstelle

Die Dotation der Pfarrstelle ist mit der Gründung der Kirche zu Merten wahrscheinlich desselben Ursprunges. Hierauf  deutet die Lage der alten Pfarrwohnung in unmittelbarer Nähe der Pfarrkirche und der mittelalterlichen Ritterburg. Man könnte darüber streiten, ob der Pfarrfonds eine adelige Stiftung oder eine erzbischöfliche Schenkung sei. Für Beides lassen sich Gründe anführen, die aber aus Mangel an geschichtlichen Nachrichten keine Gewissheit  verschaffen. Die Einnahme des Pfarrers vicarius perpetuus, war in ältester Zeit auf 8 Mark veranschlagt (Binterim und Mooren, Alte und neue Erzd. Köln, I 131)

Das   Grundvermögen besteht in 8 hectar 82 Are 46 Meter Garten und Ackerland und ist gegenwärtig zu 266 Mark 24 Rpfennigen verpachtet. Die Pfarrer pflegten bis n die letzten dreißiger Jahre die Ländereien in halbbau beakern zu lassen. Glücklicherweise haben die Wirtschaftverhältnisse der Neuzeit eine Wendung zum Besseren herbeigeführt , indem hinreichende Gelegenheit zum Verpachten geboten ist, um den Pfarrer die Sorgen und Lasten der Land-Dekonomie zu ersparen.

Der Pfarrer war vormals im Genusse des großen Zehnten. Durch die Aufhebung des Zehnten wurde das Einkommen geschmälert. Vor Emanation der Maigesetzevon 1874  bezog der Pfarrer aus der Staatskasse 324 Mark, welche nunmehr nach Aufhebung der Sperre in die Kirchenkasse fließen. Als Hauptdecimator war der Pfarrer , so behauptet Pastor Abels, verpflichtet, die Pfarrwohnung in baulichem Zustande zu erhalten. Pfarrer Nöthen erbaute im Jahre 1777 das jetzige Pfarrhaus. Die Pfarrer von Hemmerich, Rösberg, Schwadorf, Walberberg und andere schenkten jeder dazu ein Fenster mit dem Bildnisse des Patrons seiner Pfarrkirche. Der nördliche Teil  des Hauses war unter Pastor Abels baulos geworden und wurde im jahre 1836 erneuert, und zwar auf Kosten der Gemeinde. Aus früherer Zeit ist noch die Scheune erhalten. Sie erinnert durch ihre Größe an die Zeiten, wo der Zehnten noch bestand und die Pfarrer sich auf Ackerwirtschaft verlegten.


Die Pfarrer

Der Pfarrer wurde durch freie Collation des Erzbischofs ernannt und vom Archidiacon zu Bonn investirt (Dumont, Descriptio 16).
Urkundlich sind die folgenden verzeichnet:

  • Arnoldus de Solve, unterzeichnet 1412 die Errichtungs-Urkunde der Vicariestiftung unter dem Titel der h. Barbara (vgl. unter Vicarie)
  • Johann Ludwig Eich, investirt am 6. August 1613 ("Ex protocollis iudicalibus Archidieconatus Bonnen" Kölner Pastoralblatt Nr. 11 1882)
  • Damian Kahmer, 1644 - 1664, investirt am 8. März. Er war früher Pastor am Swisterberg.
    Pastor Kahmer zu Merten und Franken zu Metternich vertauschen ihre Stelle 1664( „eo qoud ambo in sua parachia essent odiosi" Kirchenbuch zu Metternich). Im jahre 1673, als die Stadt Bonn mit Zustimmung des Kurfürsten Maximlian Heinrich von den Franzosen besetzt und von kaiserlichen und holländischen Truppen am 12. November nach einer Belagerung von neun Tagen eingenommen war, hatte das kölnische Land von Plünderungen der Letztern viel zu leiden. Weder Kirchen noch Menschen wurden geschont.
    Für Letzter war Flucht die einzige Rettung. Pastor Kahmer floh von Metternich nach Vernich um sich und die Kostbarkeiten in Sicherheit zu bringen. Er wurde unterwegs von Soldaten ergriffen und so grausam misshandelt, dass er, halbtodt nach Vernich gebracht, wenige Tage später starb. Er wurde zu Weilerswist beerdigt ( l.c.)
  • Heinrich Franken, 1664 - 1689 gest. 15. October
  • Johann SImonIs von der Hagen, geboren zu Schnudel bei Herzogenbusch, seit 1689 Pfarrer, resignirte 1726, gest. am 3. Januar 1733, wurde zu Köln begraben
  • F. Adrian Fidler, seit 1711 Benedictiner aus Groß-Martin , wird im Verzeichnis der Bruderschaft ( 1712) Administrator der Pfarre genannt, während Pastor Hagen die Vicarie der h. Barbara versieht.
  • F. Adrian Wald , 1717 - 1726, verwaltet die Pfarre wie Fidler als Hagen´s Stellvertreter, versucht einer Niederlassung der Benedictiner zu gründen, worüber bereits im Vorherstehenden berichtet wurde. Er wird später Abt von St. Martin in Köln ( gest. 1741)
  • Gerhard Commer , 1721 -1771, geboren zu Merten, stiftet die Schulvicarien zu Sechtem und Metternich; kauft von dem Abt Franziskus Spir und Prior Engelbert Bertram an St, martin in Köln die Ländereien die zu Merten und Trippelsdorf im Schall gelegenen Ländereien und Büsche aus der Erbschaft des verstorbenen Abtes Balck (kirchenbuch von Merten). Pfarrer Commer war Provisor und Deservitor der Samstagsmessenstiftung zu Rösberg. Er starb am 23. December 1771. Der Franziscaner P. Beranus verwaltete die Pfarrstelle sieben Monate lang.
  • Philipp Nöthen, 1772 - 1792, legte 1779 ein neues Taufbuch an, war im Jahre 1785 Kämmerer des Aargauer Dekanates. Sein Nachfolger nennt ihn pastor vigilantissimus, einen sehr wachsamen Seelenhirten. Sein Sterbetag ist der 19. October
  • Reiner Müller, 1792 - 1804, wird eingeführt in die Pfarrstelle am 27. November 1792, leistet den (pfarramtlichen) Diensteid auf der Capitelsversammlung zu Bonn am 20.Mai 1794
  • Johann Everhard Cremer , 1804 - 1811
  • Nicolaus Joseph PferzweI, 1811- 1833, war früher Vicar zu Rösberg ( 1804), seit 1931 Dechant des Dekanates Hersel
  • Johann Mathias Abels, 1834 - 1882, geboren zu Königshoven am 20. November 1799, wurde Priester am 5. April 1826, demnächst Kaplan zu Brühl, zum Pfarrer von Merten ernannt am 1. Februar 1834, feierte im Jahre 1876 sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum. Er erwarb sich große Verdienste um die neue Kirche ( vgl. oben „Die neue Kirche) Sein Tod erfolgte am 2. Januar 1882.

Merten ist nunmehr die siebente Pfarrstelle im Dekanant Hersel, welche ihres ordnungsgemäßen Seelenhirten  in Folge der Maigesetze entbehrt.


Vicarie

Johannes Rödesberg (Johannes Rödesberg scheint adeliger Abstammung und zwar von einem Rittersitz zu Rösberg zu sein. Nicht nur, dass sein Familienname mit dem Ortsnamen identisch ist, in der Gemeinde Rösberg lagen auch die meisten Güter seiner Stiftung), Canonicus an St. Aposteln zu Köln , stiftet zur Dotation des Barbara-Altars in der Pfarrkirche des Dorfes St. Martin „aus seinen Erbgütern und ewigen Einkünften einen Hof in St. Martin mit Haus, Weinkeller, Scheune, Wohnung, 3 ½ Morgen Weinberg, Obst- und Gemüsegarten in einem zusammenhängenden Stück, ferner einen Teich (palus ), genannt Altenbrug, den Hof Eiffelberg in Rödesberg, eine Mühle und die Feudalgüter, welche früher vom Herzog von Berg anhängig waren, das halbe Lehen genannt; 36 Morgen Busch, an der Rösberger Herren Mark gelegen, an Renten 40 Hühner, deren 25 von Eiffelberger Hof, item vom Hause der Eheleute Gerard Sceiffer und Puf, die übrigen von gewissen anderen Häusern daselbst geliefert werden."

Auf den Antrag der Testaments-Executoren, der Canoniker Lambert von Mörs und Gottfried von Luit an St. Severin zu Köln und Wilhelm von den zwei Bergen, Canonicus zu Bonn, genehmigte Erzbischof Friedrich im Jahre 1412 die Stiftung mit der Maßgabe, dass der zu ernennende Rector des Altars Priester sei oder qualifizirt, binnen Jahresfrist, von der Collation an gerechnet, zum Priester geweiht zu werden und geweiht werde; dass er die bei Hochämtern an gedachtem Altar dargebrachten Opfergaben dem Pfarrer zu St. Martin überweise, ferner, was bei Sterbefällen an den Altar gestiftet und vermacht werde, dem Pfarrer und der Kirche übergebe, ausgenommen der Güter und Erbschften, welche dem Altare selbst auf ewige Zeiten bestimmt sind oder werden.

Der Rektor des Altars ist testamentarisch verpflichtet, an demselben täglich oder wenigsten vier Mal die Woche zu passender Stunde nach Ritus und Willen des Pfarrers das h. Messopfer zu celebrieren, Residenz zu halten und dem Pfarrer bei dem täglichen Gottesdienste zur Hand zu sein. Er ist weder zum Beichthören in der Pfarre befugt, noch soll er sich Kranken zur Spendung der Sacramente anbieten. Die Besetzung der Stelle steht für das erste Mal den genannten Executoren zu, sodann den Ueberlebenden derselben, nach dem Tode Aller den beiden nächsten und ältesten Verwandten des Testators. Die kirchliche Einführung (institutio) wird dem Pastor zu St. Martin übertragen. In vorstehender Weise wurde die Stiftung des Canonicus Johann Rödesberg vom Erzbischof Friedrich III. genehmigt. Die auf dem Schloss zu Poppelsdorf ausgestellte Urkunde von 1412 wurde von Arnold de Solve, Pastor zu Merten unterschrieben.

In demselben Jahre machte Christian Söntgen an die Kirche zu Merten eine Fundation unter dem Titel, oder wie eine alte Aufzeichnung im Kirchenarchiv zu Fischenich sich ausdrückt, unter Anrufung (sub invocatione ) der h. Barbara und inserierte seine an St. Marien im Capitol kurmütigen Güter „salvo inre Capitolino".

In der Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Güter der Vicarie in nicht näher bekannter Weise der Stiftung entfremdet. Auf dem Wege langwieriger Processe wurden dieselben unter pastor Damian Kahmer im Jahre 1654 wiedergewonnen, bestehend in 89 Morgen Artsland, 3 ½ Morgen Weingarten sammt Drieschen (Gartengrund) und Buschen, einem Baumgarten neben Junker Ripperbrand und den Vätern der Gesellschaft Jesu (Ein Hof der Jesuiten lag in Trippelsdorf) in Köln, nebst Gräserei für drei Kühe, item drei Hofstätte (Das alte Schriftstück nennt die Bauplätze), wovon jährlich 28 Hühner einkamen, item eine Mühlengerechtsame, welche seit vielen Jahren verloren war. Um die Kosten der Prozesse zu decken, verpfändete Pfrarrer Kahmer vorgenannte Güter dem „Edeln und Hochgelehrten Herrn Heinrich Deckhoven (nebst Gemahlin Maria Deckhoven), der Rechten Doctoren, den 10.November 1654 für ein Capital von 200 Dahler". Vicar Peter Rospath legt das Capital am 11. November 1709 ab, indem er 200 Dahler zuu 4 Prozent bei freiherrn Dietrich Adolph Herrn zu Rösberg aufnimmt. Auch hier wird die Schuld getilgt, nach am 11. October 1713 Eheleute Johann Petrus Wirriges und Katharina Königswinter den Betrag vorgeschossen. Diese fundiren am 20.Januar 1731 mit reiflicher Überlegung und fester Resolution auf Eingebung Gottes des h. Geistes das Capital „zu Trost der ihrer Seelen".

Der gegenwärtige Güterbestand der Vicarie, ca. 20 Morgen Ackerland und 20 Morgen Holzung vertheilt sich wie folgt:

Gemeinde Merten            Hectar  8-83-26

Gemeinde Rösberg           Hectar  2-29-91

Am Swisterhof                    Hectar  2-35-70

Gemeinde Cardorf            Hectar  1-05-22
Hectar 14-54-09

Wie man sieht, ist der größere THeil der Länderei nebst Mühle, der sonstigen Erträge nicht zu gedenken, nach dem im Jahre 1654 auf ewige Zeiten verloren gegangen. Auf die Frage, wie das geschehen ist, such man vergebens nach einer Antwort.

Das alte Vicariehaus, zwischen dem Mühlenbach und dem Dorfe gelegen ist seit den ersten Decennien unseres Jahrhunderts verfallen und abgebrochen. Als die Vicariestelle nach langer Vacatur im Jahre 1867 wieder besetzt wurde, war keine Dienstwohnung vorhanden. Vicar schmidt war daher genötigt sich eine Wohnung zu miethen, ohne Entschädigung von der Gemeinde zu erhalten. Seit dem letzten Frühjahr 1882 bewohnt er das durch den Tod des Pfarrers vacant gewordene Pfarrhaus.

Die Stiftungsobliegenheiten anlangend genehmigte das Erzbischöfliche Generalvicariat unter Pastor Abels, dass jeden Sonntag eine, in der Woche zwei, in der andern Woche drei Applicationen der Stiftungsmessen, also durchschnittlich vier in jeder Woche stattfinden sollen.

Vicarie zur h. Barbara

Um das Jahr 1569 war nach Selenius der Kaplan von Hemmerich, Deservitor des Altars der h. Barbara in Merten. Das Präsentationsrecht hatte damals der Personalist zu Sechtem, vermuthlich ein Verwandter des Stifters.

Als spätere Inhaber der Stiftung sind folgende zu nennen:

  • Wilhelm Uedesheim, investirt im Jahre 1604
  • Wilhelm Krauthwig, gestorben 1708
  • Johann Simonis von Hagen, Pfarrer zu Merten, war Deservitor des Barbara-Altars 1712
  • Peter Rospath, „Altarist der heiligen Barbara zu Merten stellt im Jahre 1721 eine geschworene empfangende Hand auf dem Frohnhof zu Fischenich; errichtet eine Messenstiftung an die Pfarrkirche. Er starb am 19.3.1757 und wurde an St. Katharina zu Köln beerdigt.
  • F. Th. Mathai, um 1760
  • Edmund Klein , aus Lüftelberg, starb am 4. Juli 1763, wurde in der Pfarrkirche beerdigt.
  • Johannes Koenen, starb am 26.Mai 1793
  • Benedict Weidt, ehemaliger Augustiner, ist breits 1794 Beneficat der Barbara-Stiftung, verlegt, nachdem er kurze Zeit bei Pfarrer Abels im Pfarrhause zugebracht, seinen Wohnsitz nach Köln 1834. Nach ihm blieb die Vicarie 33 Jahre hindurch unbesetzt, zum Besten der neuen Pfarrkirche. Sodann erschien als Gehülfe des hochbetagten Pfarrers und als Reservist für den bevorstehenden Kulturkampf von der Fürsehung berufen, am 9. Oktober 1867
  • Gustav Schmidt, geboren zu Wissen am 5. August 1837, zum Priester geweiht am 2. September 1861, von da an bis zum Antritt hiesiger Stelle Vicar zu Much.

Küsterei

Der Küster bezieht die Pacht von 1 Hectar, 7 Are72 Meter Land nach der letzten Verpachtung 37 Mark 97 Reichspfennige.

Alte Renten, darunter auch das Brod, welches der Küster von jedem Hause zu empfangen hatte, sind sammt und sonders verloren gegangen. Ersatz für den Ausfall hat die Gemeinde nicht geleistet. Hingegen hat der Kirchenvorstand dem Küster aus den Revenüen des Vicars, also aus fremdem Gelde, jährlich fünf Thaler bewilligt. Außer den Stiftungseinnahmen ist das Einkommen des Küsters ein zufälliges. Die Küsterstelle befindet sich seit unvordenklicher Zeit in der Familie des jetzigen Inhabers Anton Schäfer.


Nebenort Trippelsdorf

Trippelsdorf, früher Trebelsdorf und Trewelsdorf, pagus Trebellii, liegt in der verlängerten Linie von Merten nach Walberberg. Auf einem Grundstück des Herrn Meuel „am Bau" befinden sich Reste einer starken römischen Gussmauer. In der Nähe hatte der Eifelcanal seinen Durchgang.

Erzbischof Arnold I. nennt unter den Besitzungen der Abtei Siegburg, welche diese der von ihr abhängigen Propstei Zülpich überließ einen Weinberg zu Trewelsdorf. In dem Vergleich Friedrich´s I. von Blankenheim mit Gerlach von Limburg vom Jahre 1267 verzichtet Letzterer aus alle Güter, welche Graf Heinrich von Sahn zu Ahrweiler und Saffenberg besaß, vorbehaltlich des Schlosses Montjoie zu Trippelsdorf, der Güter Merten und verschiedener anderer. Am Freitag nach Pfingsten 1470 empfing Graf Kuno von Manderscheid von Erzbischof Ruprecht von Köln das vordem Blankenheim´sche Lehen, den Weinzehnten zu Trippelsdorf, den Hof zu Oberbachem sammt Korn- und Weinzehnten zu Mehlem und zwei Höfe zu Pissenheim. Nach dem Tode des Grafen Joseph Franz von Manderscheid am 6. december 1780 verlieh Kurfürst Maximilian Friedrich das Erboberstlandhofmeisteramt, das Lehen von 2 Fuder Wein zu Zeltingen, den Zehnten zu Trippelsdorf und einige andere Güter als erledigtes Mannslehen dem Staatsminister Grafen Belderbusch. Die letzte Manderscheid´sche Tochter, Gräfin Sternberg, protestierte und wollte dem Zehnten zu Trippelsdorf die Eigenschaft eines Mannslehens absprechen.

Londorf, Rittersitz oberhalb Trippelsdorf, war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Eigenthum der Grafen von der Leyen. Zu dem Gute gehörte die neben der Vincentiuskapelle gelegene Schäferei. Seit 1800 Besitzer die Herren: Schierenberg, Bommard, jetzt  Freiherr von Böselager.

Das Schäferhaus gehört gegenwärtig dem Ackerer Joseph Engels aus der Familie der ehemaligen Pächter. Zu den Privilegien von Londorf, von welchen übrigens keine Nachrichten mehr vorliegen zählte man freies Asylrecht.

 

Geistliche Güter in Trippelsdorf

Der Mönchshof der Jesuiten war bis zur Aufhebung des Ordens mit dem Kirchen- und Pfarrvermögen desselben in Walberberg verbunden. Länderei und Weingärten gingen an die Kölner Schulverwaltung über. Von den Hofgebäuden ist noch der Brunnen vorhanden, der die alte Baustelle bezeichnet und von den Ortsbewohnern benutzt wird.

Der Hubertushof des Landcomthurs an St. Katharina in Köln. Der Pächter lieferte den halben Wein, durchschnittlich 50 Ohm jährlich, die Hälfte vom Obst und von jedem Morgen Land ¼ Malter Korn. Bei der Säkularisirung wurde das Gut, wie mehrfach , von dem Pächter angekauft. Der jetzige Besitzer Hubert Soutschka erwarb den Hof durch Heirat mit des Pächters Tochter. Der Vicar zu Rösberg bezog 1 Fuder Chürwein von verschiedenen Schuldnern aus Trippelsdorf.

Nachträglich ist zu erwähnen das Scheffengericht von Trippelsdorf unter Amt Brühl. Eine Urkunde vom 10.Juni 1661 im Kirchenarchiv zu Hemmerich enthält folgende Daten:

Adam Radius Schultiß, Johan Renbolts, Hupert Scholei, Arnoldt Roggendorf, Henrich Esser, Jacob Rospatt und Winand Brenich, sämtliche Scheffen des Gerichts zu St. Martin und Trevelstorff.

Der Hofkalender von 1786 nennt: Hofrath Ferdinand Rentling, Richter und Oberkellner, auch Schultheis zu Merten und Trippelsdorf.
Im Archiv der Pfarrkirche zu Merten befinden sich 2 Gerichtssiegel mit dem Bildnisse des h. Martinus. Umschrift des ersten:

S. MERTIN AM FEVRGEBIRGS GERICHTS. SEGEL
Des zweiten:
S: MERTEN VND TRIBELSDORP GERICHT SIGEL 1697.

 

Kapelle zum h. Vincentius

Ueber die Entstehung dieser Kapelle schwebt undurchdringliches Dunkel. Sie stand neben Dorfstraße und Schäferei auf hohem Grunde und war aus Bruchstücken des Römercanals erbaut. Dieses weist auf die Zeiten der ältesten mittelalterlichen Ritter zurück, und ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Kapelle einem solchen ihren Ursprung verdankt.

Wir bemerkten bereits, dass der Pfarrer von Merten vormals die h. Messe zwei Mal in jeder Woche in der Kapelle celebrierte und an den Festen der Apostel Christenlehre hielt. Seit Menschengedenken fand keine dieser geistlichen Funktionen mehr statt. Traditionell blieb das dreimalige Angelus-Läuten bis in die letzten Zeiten bestehen. Der Glöckner hatte für seine Bemühung einen halben Morgen Land in Benutzung. Noch ein anderer gebrauch aus alter Zeit war geblieben, nämlich das Rosenkranz-gebet, welches an allen Sonntagen des Jahres und an allen Wochentagen in der Fastenzeit in der Kapelle gehalten wurde. Gegen das Jahr 1875 wurde die Kapelle abgebrochen, die Baustelle und der Acker an Joseph Engels , Grenznachbar dieser Parzelle verkauft.


Schule

Bis Anfang unseres Jahrhunderts und mehrere Jahre späte wurde der Schulunterricht vom Küster ertheilt. Man erinnert sich noch, dass der Großvater des jetzigen Küsters die Lehrerstelle mit dem Kirchendienst vereinigte. Ein besonderes Schulgebäude war nicht vorhanden. Erst unter preußischer Regierung wurde ein Schulsaal mit Wohnung für einen Lehrer errichtet. Nicht lange nachher war ein Hülfslehrer und Erweiterung des Schulhauses notwendig. Es entstand ein ca. 100 langes, einstöckiges mit Mansarden überdecktes Gebäude.

An der Schule wirkten als Lehrer: Bis 1851 R. Fuhrmann, bis 1872 Christian Schmitz; als Hülfslehrer die Präparanden Pfeifer, Klemmer, Schmitz bis 1858. Damals wurde statt der Unterklasse eine Mädchenschule eingerichtet, Knaben und Mädchen getrennt; 1870 wegen Ueberfüllung beider Schulklassen die Anstellung einer dritten Lehrkraft in Aussicht genommen und der Bau einer neuen Schule beschlossen. Man wählte dazu die Stelle dicht neben deer Kirche, unzweckmäßig wegen der Störungen für die Kirche und die Schule. Der neue Bau erhält zwei Schulsäle übereinander, ein dritter nebst Wohnungen für drei Lehrkräfte befindet sich im alten Gebäude. Der innern Einrichtung nach besteht nunmehr eine getrennte Knaben- und Mädchenklasse und eine gemischte Unterklasse.

Die größern Knaben unterrichtet Lehrer Peter Demmer, die größern Mädchen, Fräulein Gertrud Breuer aus Euskirchen, die kleinern Schüler und Schülerinnen Franzisca Hoffmann aus Siegen. Die Schule hat bisher stets ihren katholischen Charakter bewahrt. Außer zwei Judenkindern gibt es keine akatholischen Kinder in der Pfarrei.

Vicar Schmidt wurde im Jahre 1875 auf Veranlassung des neuen Schulinspectors von dem schulplanmäßigen Religionsunterricht ausgeschlossen, im Jahre 1880 auf Anordnung der kgl. Regierung neuerdings zugelassen.

Die ehemals vielfach vernachlässigte Schule hat sich unter der Leitung der jetzt fungirenden Kräfte in erfreulicherweise gehoben.

E n d e  der Chronik von Pfr.  Maaßen

 

Hinweis:

Aus Anlaß des 125 jährigen Bestehens der Pfarrkirche im Jahre 1992 haben Hans Meyer und Franz Levenkaul eine Chronik über die Pfarrkirche und Pfarrgemeinde geschrieben. Wir werden diese Chronik nach und nach hier einpflegen. Sie ist aber schon jetzt in Buchform im Pfarrbüro erhältlich.